Olivia Pilhar: Medienprozeß, Verhandlung

Aktenzeichen 9cE Vr 1642/96
Hv 1029/96

Hauptverhandlung

Gericht: Landesgericht für Strafsachen Wien

Tag und Stunde des Beginnes der Hauptverhandlung: 25.4.1996, 9.00 Uhr

Strafsache: gg. Krone VerlagsgembH & Co KG

Anwesende:

Einzelrichter: Dr. Werner Röggla
Schriftführer: VB Anita Pauer
ASt: Ing. Helmut Pilhar
AStV: Mag. Erich Rebasso f. Dr. Rudolf Gürtler
AG: Krone Verlags GesmbH & Co KG (kein Organ erschienen)
AGV: Dr. Ewald Weiss

Eröffnung des Beweisverfahrens

Zeuge Univ. Prof. Dr. Ernst Horcher; geb. am 30.3.1994, p.A. AKH, fremd

Gibt nach WE an:

ER: Sie haben die Olivia Pilhar operiert?

Zeuge: Ja.

ER: Wann war das?

Zeuge: Am 18.9.1995 oder am 19.9.1995.

ER: Am Tag vor der Operation am Abend hat der Herr Pilhar bei Ihnen angerufen?

Zeuge: Ja.

ER: Wie oft?

Zeuge: Einmal.

ER: Was war der Inhalt des Gespräches?

Zeuge: Der Anruf war spätabends zwischen 22.00 Uhr und 22.30 Uhr.

ER: Waren Sie schon schlafen gegangen?

Zeuge: Ja, in anbetracht dessen, daß die Operation sehr zeitig in der Früh angesetzt war.

ER: Haben Sie dem Herrn Pilhar Ihre Telefonnummer gegeben?

Zeuge: Nein.

ER: Er wollte Auskünfte zur Operation?

Zeuge: Der Inhalt des Gespräches war, soweit ich mich erinnern kann, in der Form, daß der Herr Pilhar gesagt hat, daß er erst vor einer Stunde informiert worden wäre, daß sein Kind am nächsten Tag operiert wird. Er war darüber sehr ungehalten in einer aggressiven Form. Die Argumentation meinerseits war, warum er mich so spät anrufe. Das war damit begründet, daß er erst vor einer Stunde erfahren hat, daß sein Kind am nächsten Tag operiert wird. Er sagte, daß die Operation in seinen Augen sehr gefährlich sei und mit dem Tod des Kindes enden würde. Der Gesprächsverlauf war für mich ungewöhnlich, weil er genug Zeit gehabt hätte, mich zu erreichen. Die Mutter des Kindes war ebenfalls darüber informiert, daß die Operation stattfinden wird. Ich habe auch Aufklärungsgespräche mit der Mutter geführt. Das Kind wurde bereits Samstag vor der Operation in meiner Abteilung aufgenommen. Der genaue Zeitpunkt der Operation war nicht sicher. Dafür gibt es medizinische und auch andere Gründe.

ER: Kennen Sie den Artikel?

Zeuge: Ich muß sagen, wie ich zitiert werde, das ist korrekt. Das Gespräch war fruchtlos. Ich habe gesagt, wenn er mit mir weiterreden will, muß er vernünftig reden. Er hat mir vorgehalten, daß ich für die Operation seine Einwilligung brauche. Ich habe ihm gesagt, daß ich seine Einwilligung nicht brauche und daß ich auch ein Gespräch mit der Mutter geführt habe. Ich habe ihm auch gesagt, daß er genügend Zeit gehabt hätte, um mit mir Kontakt herzustellen und daß das jetzt nicht die richtige Zeit sei darüber zu diskutieren.

ER: Wie lange vorher haben Sie das Gespräch mit der Mutter geführt?

Zeuge: 14 Tage vorher. Es ist eine sechswöchige Chemotherapie vor der Operation. Ich habe 14 Tage vorher mit der Mutter ein ausführliches Gespräch gehabt.

ER: Wann ist der konkrete Tag festgestanden?

Zeuge: Bei solchen Fällen kann es zu einer Beeinträchtigung der Blutbildung kommen und die Regeneration ist nicht vorhersehbar. Wir haben das nur schätzen können. Ich habe der Mutter gesagt, daß der Termin für die Operation Anfang nächster Woche sein wird. Die Blutbefunde haben wir am Samstag erhoben und festgestellt, daß es möglich ist. Der zweite Grund , warum wir die Operation nicht bekanntgegeben haben, war der Druck der Medien. Deswegen wollten wir die Operation nicht verlautbaren.

ER: Haben Sie den Anruf als Anruf eines besorgten Vaters empfunden oder als einen Terroranruf?

Zeuge: Der erste Teil des Gesprächs ist in aggressiver Form verlaufen. Ich habe ihm gesagt, wenn er vernünftig reden will, kann er das tun, sonst hat es keinen Sinn. Er wollte mir seine Beschwerde schriftlich geben. Ich habe gesagt, er soll es an die Direktion des AKHs senden. Ich habe ihm auch in groben Zügen gesagt, was bei der Operation vor sich geht. Ich bin durch dieses Gespräch äußerst irritiert gewesen. Ich konnte stundenlang nicht schlafen, die Zeit hat mir gefehlt. Er hat mir auch eine Anzeige angedroht.

ER: Haben Sie sich bedroht gefühlt?

Zeuge: Am Leib bedroht nicht, sondern ich habe das in einer Form als Terror gesehen. Er hat mir eine Anzeige angedroht. Ich habe gesagt, das stehe ihm frei.

AStV: Hat sich jemand von der Zeitung, bevor der Artikel verfaßt wurde, mit Ihnen in Verbindung gesetzt und Sie nach dem Inhalt des Gespräches gefragt?

Zeuge: Das glaube ich nicht. Meines Wissens habe ich nach der Operation eine Pressekonferenz gehabt und habe Informationen an die Medien gegeben. Da ist auch aufgetaucht, daß der Herr Pilhar aggressive Handlungen gegen die Kinderklinik gesetzt hat. Er hat dann auch Besuchsverbot bekommen. Bei der Pressekonferenz habe ich gesagt, daß er mich in der Nacht angerufen hat und daß das Gespräch bedrohlich mit einer Anzeige war. Ich habe nicht gesagt "er hat mich bedroht".

AStV: Sie haben gesagt, Vorfälle in der Kinderklinik?

Zeuge: In der Kinderklinik bin ich nicht tätig. An dem Abend, als das Kind operiert werden sollte, ist der Herr Pilhar in Begleitung von Anwalt und Arzt erschienen.

AStV: Da haben Sie keine persönliche Wahrnehmung?

Zeuge: Nein.

AStV: legt einen Aktenvermerk vor, den der Antragsteller unmittelbar nach dem Gespräch verfaßt hat.

AStV: Ist es richtig, daß Sie der Herr Pilhar gefragt hat, inwieweit sich eine Infektion auf die Operation auswirken könnte?

Zeuge: Es ist möglich, daß eine Frage bezüglich Infektion gestellt wurde. Ich habe das mit den Blutkörperchen angedeutet und daß solche Umstände mit sich bringen können, daß man einen operativen Eingriff verschieben muß. Das war auch der Grund, warum wir nicht gesagt haben, das Kind wird dann und dann operiert. Zu dem damaligen Zeitpunkt hat auch ein großer Druck von den Medien auf uns gelastet.

ER: Ihres Eindrucks nach, war das ein Gespräch aggressiv und Sie haben versucht, es auf eine fachliche Richtung zu lenken?

Zeuge: Ja.

AStV: Waren Sie auch etwas ungehalten?

Zeuge: Es ist durchaus möglich, daß ich auch ungehalten war. Ich war auf dieses Gespräch gefaßt und habe mich ruhig verhalten. Ich bin überzeugt, daß er auch Zeugen gehabt hat, die mitgehört haben.

AStV: Was hat er verbal gesagt?

Zeuge: Nach einem halben Jahr weiß ich das nicht mehr so genau.

AStV: Soweit Sie sich erinnern können?

Zeuge: Daß wir über das Kind "drüberfahren" und wir wissen, daß es sowieso sterben wird.

AGV: Wissen Sie, ob dem Herrn Pilhar bei der Pressekonferenz der Zutritt verwehrt wurde?

Zeuge: Das weiß ich nicht. Ich kann nur eines sagen, der Zutritt zum Haus wurde ihm nicht verwehrt, weil ich habe unmittelbar nach der Operation mit der Familie Pilhar gesprochen. Ich habe über den Verlauf der Operation berichtet, ich habe ihnen auch gesagt, wo das Kind liegt. Ich habe auch angeboten, daß die Mutter das Kind besuchen kann.

AGV: War der Herr Pilhar bei der Pressekonferenz dabei?

Zeuge: Nein.

AGV: War ihm da der Zutritt verwehrt?

Zeuge: Die Pressekonferenz hat im Mehrzwecksaal des Krankenhauses stattgefunden. Da hat jeder Zutritt.

AGV: Gibt es im Haus eine Wache?

Zeuge: Einen internen Sicherheitsdienst.

AGV: Wissen Sie, daß der den Herrn Pilhar aus dem Haus gewiesen hat?

Zeuge: Nein, das weiß ich nicht. Es ist nicht richtig, was der Herr Pilhar mir gesagt hat, daß er nicht informiert gewesen ist. Das kann ich auch bezeugen, aus dem Grund, weil mir der Herr Hamer einen Brief geschrieben hat, wo er mir den Termin der Operation bekanntgegeben hat. Der Herr Hamer hat mir bereits am 14.9. geschrieben: "Von Herrn Pilhar habe ich erfahren, daß Sie am Montag operieren wollen." Das ist der Beweis, daß die Feststellung, daß der Herr Pilhar nicht informiert gewesen wäre, nicht korrekt ist.

AStV: Von wann ist der Brief?

Zeuge: Vom 14.9.1995, von Herrn Hamer gefaxt. In dem Brief steht auch, daß die Eltern der Olivia erklärt haben, daß sie die Operation zu diesem Zeitpunkt für gefährlich halten und dagegen sind. Auch, daß alles gegen den Willen der Eltern gemacht wird. Ich habe die größte Erfahrung in der Behandlung solcher Tumore und es ist noch kein Mensch gestorben.

AStV: Sie sagen, Sie haben den Herrn Pilhar im Telefonat aufgeklärt, daß der Operation nichts im Wege steht, außer ein Infekt?

Zeuge: Bei der Operation nicht.

AStV: Vorher?

Zeuge: Vorher kann es durchaus sein.

Zeuge Dr. Reinhard Krepler; geb. am 6.8.1946, Gen. AS 21, fremd

Gibt nach WE an:

ER: Waren Sie bei einem Telefonat, das einen Tag vor der Operation stattgefunden hat, dabei?

Zeuge: Nein.

AGV: Welche Funktion haben Sie im Krankenhaus?

Zeuge: Ich bin ärztlicher Direktor des Krankenhauses. Einer der vier Direktoren, die für die Leitung des Krankenhauses verantwortlich sind.

AGV: Waren Sie mit dem Fall Pilhar befaßt?

Zeuge: Ja.

AGV: Wie?

Zeuge: Ich wurde als ärztlicher Vertreter informiert, daß die Olivia Pilhar aufgenommen wurde zur Behandlung. Ich war auch bei einigen Besprechungen anwesend.

AGV: Haben Sie mit dem Herrn Pilhar selbst Kontakt gehabt?

Zeuge: Nein.

AGV: Ist Ihnen bekannt, daß der Herr Pilhar aus dem Krankenhaus geworfen worden sein soll?

Zeuge: Ich möchte dazu sagen, daß sich die Leitung der Universitätskinderklinik, die mit der Betreuung des Kindes betraut war, sehr um einen guten Kontakt mit beiden Elternteilen bemüht hat. Nach meinem Eindruck besteht eine freundschaftliche Beziehung zwischen den behandelnden Ärzten und den Eltern.

AStV: Wissen Sie, ob der Herr Pilhar von dem Operationstermin in Kenntnis gesetzt wurde?

Zeuge: Es ist so, daß ein Operationstermin niemals hundertprozentig feststeht. Wir führen 40.000 Operationen im Jahr durch. Es werden oft Operationen, wegen dem gesundheitlichen Zustand des Patienten, verschoben.

AStV: Die Frau Pilhar hat ihrem Mann vor der Operation mitgeteilt, daß sie erfahren hat, daß die Operation am nächsten Tag durchgeführt werden wird. Kann es sein, daß der Termin so knapp festgelegt wurde?

Zeuge: Sicher.

AStV: Es geht um einen Zeitungsartikel, in dem der Herr Dr. Horcher zitiert wird, er habe sich durch den Anruf des Herrn Pilhar bedroht gefühlt. Hat Ihnen der Herr Dr. Horcher etwas über den Anruf erzählt?

Zeuge: Er hat mir am Ende der Pressekonferenz gesprächsweise darüber berichtet. Ich kann mich nicht erinnern, daß der Ausdruck "bedroht" gefallen ist. Er hat mir mitgeteilt, daß er angerufen worden ist, daß es ein langes Telefonat war, daß er sich an diesem Abend vor der großen Operation bemüht hat, bald ins Bett zu kommen und ausreichend zu schlafen. Weiters, daß er nach dem Telefonat sehr irritiert war.

Zeuge Dr. Ernst Swoboda; geb. am 4.1.1959, Leiter der Rechtsabteilung, p.A. des Antragsgegners, fremd

Gibt nach WE an:

ER: Sie sollen Kenntnis haben über die Recherchen zu dem gegenständlichen Artikel?

Zeuge: Ich habe mit dem Verfasser gesprochen und habe auch seine Recherchenunterlagen. Ich kann sagen, was er mir berichtet hat. Es war eine Pressekonferenz einen Tag vor dem Artikel. Bei der Pressekonferenz ist über den Verlauf der Operation gesprochen worden. Es ist auch von den Problemen, die es mit dem Vater des Kindes gegeben hat, berichtet worden. Es wurde berichtet, daß der Vater mit der Wache aus dem Krankenhaus entfernt werden mußte. Der Dr. Horcher hat glaublich darauf hingewiesen, daß er am Tag vor der Operation vom Herrn Pilhar angerufen worden ist. Nach der Pressekonferenz hat der Journalist den Dr. Horcher angesprochen und der hat erzählt, daß er schon zeitig nach Hause gegangen ist, da es eine schwere Operation war. Er hat sich früh zu Bett gelegt und bereits geschlafen, als der Herr Pilhar angerufen hat. Bei diesem Telefonat war ein sachliches Gespräch nicht möglich. Der Herr Pilhar hätte ihm gedroht, er würde Anzeige erstatten. Es war ein langes Gespräch und der Herr Dr. Horcher hat es als störend empfunden. Der Journalist hat gefragt, ob er es als Bedrohung empfunden hat. Darauf hat der Herr Dr. Horcher geantwortet, daß man sich das vorstellen kann und er eine zeitlang nicht einschlafen konnte.

ER: Ist mit dem Herrn Pilhar Kontakt aufgenommen worden?

Zeuge: Nein. Der Journalist hätte ihn auf der Pressekonferenz gerne gefragt, aber er war nicht dort.

ER: Hat er Kenntnis gehabt davon?

Zeuge: Daß die Pressekonferenz stattfand, hat er mit Sicherheit gewußt. Es waren auch eine Gruppe von Hamer-Anhängern dort.

ER: Warum wurde er nicht gerufen?

Zeuge: Weil die Darstellung sehr glaubwürdig geklungen hat. Es war der Vormund des Kindes auch dort.

ER: Warum hat man nicht versucht, den Herrn Pilhar zu erreichen?

Zeuge: Das kann ich nicht sagen.

AStV: Wer hat auf der Pressekonferenz welche Informationen, außer dem Herrn Dr. Horcher, erteilt?

Zeuge: Nach den Unterlagen war eine ganze Reihe von Leuten dort. Zum Telefonat hat nur der Herr Dr. Horcher etwas gesagt. Davon weiß sonst keiner. Ich weiß nicht genau, mit welchen Worten der Herr Dr. Horcher das dargestellt hat. Er hat das Thema bei der Pressekonferenz angesprochen und nachher, beim persönlichen Gespräch, präzisiert.

AStV: Wenn Sie sich den Artikel anschauen, so enthält dieser neben der Schlagzeile einige Informationen über den Gesundheitszustand, beschäftigt sich aber überwiegend mit dem Telefonat. Worin liegt der Nachrichtenwert für die Bevölkerung?

Zeuge: Wenn man davon ausgeht, daß die Bevölkerung sich für diesen Fall interessiert, ist es informativ, daß der Vater des Kindes den operierenden Arzt in der Nacht durch einen Anruf stört und ihn bedroht.

Zeuge Ing. Helmut Pilhar; geb. 25.2.1965, fremd

Gibt nach WE an:

ER: Wann haben Sie vom Operationstermin Kenntnis erlangt?

Zeuge: Es hat am 13.9. ein Gespräch gegeben.

ER: Von einem voraussichtlichen Termin?

Zeuge: Von einem Zeitraum innerhalb von 14 Tagen.

ER: Haben Sie nichts weitergegeben an den Herrn Hamer?

Zeuge: Ich stehe in Verbindung mit Herrn Dr. Hamer. Ich weiß es nicht mehr, aber vermutlich habe ich es ihm bekanntgegeben. Ich habe von meiner Frau erfahren, daß verschiedene Ärzte sagen, am Montag findet die Operation statt.

ER: Wie erklären Sie sich, daß der Herr Hamer in einen Brief den Montag als Termin angibt?

Zeuge: Es kann sein, daß es Montag geheißen hat, aber das ist nicht mir gesagt worden. Das kann er nur von meiner Frau erfahren haben.

ER: Haben Sie mit Ihrer Frau keinen Kontakt gehabt?

Zeuge: Doch.

ER: Weil Sie sagen, daß Ihre Frau einen anderen Informationsstand gehabt hat als Sie?

Zeuge: Sie war mehr bei der Tochter als ich.

ER: Wann haben Sie jetzt den wirklichen Termin der Operation erfahren?

Zeuge: Am Tag vor der Operation um 21.00 Uhr durch den Anruf meiner Frau.

ER: Haben Sie den Herrn Dr. Horcher angerufen?

Zeuge: Ich habe zuvor mit dem Herrn Prof. Pomberger gesprochen. Der hat es auch meiner Frau mitgeteilt. Der hat mir erklärt, daß der genaue Termin nicht feststeht. Er hat gemeint, daß die Olivia trotz der Verkühlung operationstauglich sei. Er werde mir nicht mehr sagen, als meiner Frau. Als mir der Arzt keine weiteren Informationen geben wollte, habe ich den Herrn Dr. Horcher angerufen.

ER: Wie sind Sie zu der Nummer gekommen?

Zeuge: Aus dem Telefonbuch.

ER: Weshalb haben Sie ihn angerufen?

Zeuge: Es hat für uns Grund zur Sorge gegeben, weil die Olivia eine Verkühlung gehabt hat. Wir haben nicht gewußt, wie operiert wird. Wir haben in Erfahrung gebracht, daß ein Arzt in Deutschland solche Tumore nicht mehr operiert.

ER: Was wollten Sie tun?

Zeuge: Ich wollte diese Frage mit Ärzten diskutieren.

ER: Jetzt haben Sie schon vor der Operation einen Termin gewußt. Warum haben Sie die Tage davor die Frage nicht erörtert?

Zeuge: Aufgrund der Verkühlung haben wir angenommen, daß die Operation nicht möglich sein wird. Wir haben dann versucht, ein Schreiben aufzusetzen, damit wir diese Fragen diskutieren können.

ER: Warum haben Sie nicht schon am Donnerstag oder Freitag versucht, mit dem Herrn Dr. Horcher zu sprechen?

Zeuge: Es hat sich nicht ergeben. Die Olivia ist am Freitag überstellt worden. Am Samstag habe ich mir überlegt, wie wir die offenen Fragen klären können. Meine Frau war in der Klinik. Ich war oft dort, um einen Termin mit Ärzten zu bekommen. Das ist nicht immer das Einfachste.

ER: Wann haben Sie angerufen?

Zeuge: Gegen 22.30 Uhr. Das Telefonat hat vielleicht fünf Minuten gedauert, sicherlich keine halbe Stunde.

ER: Haben Sie ihm angedroht, daß Sie ihn anzeigen werden?

Zeuge: Im Telefonat nicht, aber im Schreiben haben wir festgehalten, daß rechtliche Schritte erfolgen werden.

ER: War der Gesprächsverlauf ruhig?

Zeuge: Ich habe ihn angerufen. Er hat ziemlich schnell abgehoben. Er war sehr ungehalten, daß ich ihn so spät anrufe. Ich habe ebenfalls entsprechend reagiert. Ich habe ihm gesagt, daß mir vor einer Stunde mitgeteilt wurde, daß meine Tochter in neun Stunden operiert wird. Ich bin ein besorgter Vater gewesen. Er ist mir nicht entsprechend entgegengekommen.

ER: Ihnen war klar, daß Sie nichts mehr erreichen können, weil Sie die Vormundschaft nicht mehr haben?

Zeuge: Das ist mir bewußt gewesen. Ich weiß auch, daß uns der Termin mitgeteilt hätte werden müssen und daß das nicht gemacht wurde. Wir haben nicht gewußt, ob der Amtsvormund in Kenntnis gesetzt worden war.

ER: Haben Sie vor der Operation versucht, im Krankenhaus mit dem Herrn Dr. Horcher zu sprechen?

Zeuge: Mir war der Operateur nicht bekannt.

ER: Haben Sie versucht, mit anderen Ärzten zu sprechen?

Zeuge: Nein, außer das Telefonat mit dem Herrn Pomberger. Gegen Mitternacht waren wir auf der Station, um unsere Bedenken schriftlich anzubringen.

AStV: Wann ist Ihre Tochter auf die Chirurgie überstellt worden?

Zeuge: Am Freitag, im Laufe des Nachmittags.

AStV: Gab es vorher eine Infektion.

Zeuge: Nein.

AStV: Sind Sie vom Bezirkshauptmann kontaktiert worden?

Zeuge: Nein.

AStV: Welche Situation hat sich für Sie ergeben?

Zeuge: Wir haben damit gerechnet, daß sie in den nächsten 14 Tagen operiert wird.

AStV: Was haben Sie neben dem Gespräch als nächste Maßnahme für angemessen erachtet?

Zeuge: Daß ich versuche, in Form eines Schreibens, uns unklare, aber wichtige Fragen zu klären.

AStV: Wie haben Sie das in Angriff genommen?

Zeuge: Ich habe meinen Anwalt am Sonntag gebeten, sich Zeit zu nehmen, um die wichtigsten Punkte zu besprechen und um ein Schreiben aufzusetzen. Ich war am Sonntag bei meinem Anwalt und habe ein Schreiben aufgesetzt und dann sind die Anrufe erfolgt.

AStV: Hat sich irgendwer von der Zeitung mit Ihnen in Verbindung gesetzt, bevor der Artikel erschienen ist?

Zeuge: Nein.

AStV: Was war das erste, was der Herr Dr. Horcher bei dem Gespräch gesagt hat?

Zeuge: Ich habe gesagt, daß ich mit ihm sprechen möchte. Er hat ungehalten reagiert. Ich habe gesagt, daß wir das vor einer Stunde erfahren haben. Er hat behauptet, er habe mit meiner Frau darüber gesprochen und sie habe sich einverstanden erklärt. Ich habe erwidert, daß das nicht stimmen kann.

AStV: Sie haben auf meine Empfehlung über dieses Gespräch einen schriftlichen Aktenvermerk angefertigt?

Zeuge: Ja.

AStV: Gibt dieser Aktenvermerk den Inhalt des Gespräches wieder?

Zeuge: Ja.

AStV: Da steht aber nichts drinnen, daß Sie das Wort Anzeige verwendet hätten?

Zeuge: Ich kann mich auch nicht erinnern.

AGV: Waren Sie nicht überhaupt gegen jeden chirurgischen Eingriff?

Zeuge: Es gibt einen medizinischen Rat des Herrn Dr. Hamer, den haben auch wir unterschrieben, wo erklärt wird, wie so ein Tumor operiert werden könnte.

AStV: Sind Sie gegen jede Operation?

Zeuge: Nein, das wird so ausgelegt.

AGV: Was wollten Sie wirklich?

Zeuge: Ich habe mir gedacht, der Arzt aus Deutschland hat gezeigt, daß so ein Tumor nicht mehr operiert werden muß.

ER: Sind Sie einmal aus dem Krankenhaus rausgeschmissen worden?

Zeuge: Ja.

ER: In einem zeitlichen Naheverhältnis zur Operation?

Zeuge: Ja. Die Geschichte mit dem Bild war in der ersten Woche, wie sie ins Krankenhaus gebracht worden ist.

ER: Wurden Sie auch knapp vor der Operation rausgeworfen?

Zeuge: Der Wachebeamte hat uns aus der Abteilung rausbegleitet, sicherlich nicht rausgeschmissen.

AStV: Hat Sie einer richtig rausgeschmissen?

Zeuge: Sicher nicht.

AStV führt sich als Zeuge, zum Beweis für die Tatsachenwidrigkeit des inkriminierten Artikels. Es wird mitgeteilt, daß wir bereits in der letzten (unleserlich?) erwirkt, er dann für die weitere Vertretung des ASt. ausgeschlossen ist.

Zeuge Mag. Erich Rebasso, geb. 4.11.1963, Rechtsanwaltsanwärter, fremd

Gibt nach WE an:

ER: Sie waren anwesend, als der Herr Pilhar mit dem Herrn Dr. Horcher telefoniert hat?

Zeuge: Es war so, daß sich der Herr Pilhar am Samstag oder Sonntag bei mir gemeldet hat.

ER: Das Telefonat betreffend!

Zeuge: Ich war anwesend.

ER: Um wieviel Uhr war das?

Zeuge: Das war um 22.00 Uhr. Ich habe nachher die Uhrzeit überprüft. Ich kann es aus der Erinnerung nicht präzise sagen. Ich habe den schriftlichen Aktenvermerk, den Herr Pilhar angefertigt hat, überprüft und da ist die Uhrzeit auch angegeben.

ER: Hat Ihnen der Herr Pilhar gesagt, was er durch das Gespräch erreichen will?

Zeuge: Er wollte einige, für in wichtige, Dinge klären. Das ist ihm vorher nicht gelungen.

ER: Hat er Ihnen gesagt, was er mit dem Telefonat erreichen will?

Zeuge: Sein Gespräch mit mir war dem Thema gewidmet, er wollte diese Frage klären, gibt es eine Zuziehung eines Amtsvormundes. Er wollte klären, ob eine Operation angesichts der vorhandenen Infektion des Kindes sinnvoll ist.

ER: War ihm bekannt, daß zu dieser Frage ein Vormund bestellt war?

Zeuge: Selbstverständlich.

ER: Haben Sie ihm nicht von dem Telefonat abgeraten?

Zeuge: Ich habe ihn rechtlich dahingehend belehrt, obwohl ihm das Obsorgerecht entzogen wurde, daß er das Recht hat, von wichtigen Sachen in Kenntnis gesetzt zu werden. Allenfalls auch schriftlich kann nicht schaden. Das war der Gegenstand eines Gespräches. Während wir zusammengesessen sind, hat uns der Anruf der Frau erreicht, daß die Operation schon am nächsten Tag ist. Ich konnte von dem Telefonat nur das hören, was er geäußert hat.

ER: Waren da aggressive Passagen dabei?

Zeuge: Er war sehr nervös, weil ein Telefonat mit einem diensthabenden Arzt vorangegangen ist und dieser Arzt sehr zurückhaltend war.

ER: Hat es aggressive Töne des Herrn Pilhar im Gespräch gegeben?

Zeuge: Im Hinblick auf das vorangegangene Gespräch war eine gewisse Spannung da.

ER: Wie lange hat das Gespräch gedauert?

Zeuge: Vielleicht 5 bis 10 Minuten. Es hat nicht sehr lange gedauert.

ER: Hat der Herr Pilhar etwas von einer Anzeige gesagt?

Zeuge: Im Telefonat war davon mit Sicherheit nicht die Rede.

ER: Wieso können Sie das so sicher ausschließen?

Zeuge: Weil ich auf solche Passagen besonders geachtet habe und weil es sonst im Aktenvermerk stehen würde.

ER: In dem Schreiben ist sehr wohl etwas gestanden?

Zeuge: Ja, er hat mir das auch gezeigt, was er geschrieben hat. Das habe ich auch für gut gehalten.

ER: Im Telefonat hat er nichts gesagt?

Zeuge: Nein.

AGV: Haben Sie diesen Brief nicht gemeinsam mit dem Herrn Pilhar aufgesetzt?

Zeuge: Nein.

AGV: Er hat das gesagt?

Zeuge: Wir haben die Punkte, um die es geht, besprochen, aber den Brief hat er aufgesetzt. Ich habe das ganze dann angeschaut und das eine oder andere korrigiert.

AGV: Sie haben das Wort Anzeige nicht gehört?

Zeuge: Nein.

ER: Was haben Sie während des Telefonats gemacht?

Zeuge: Ich bin danebengestanden.

ER: Sie haben keine andere Tätigkeit ausgeübt?

Zeuge: Es war ein wichtiges Telefonat für den Herrn Pilhar, was hätte ich daneben machen sollen?

ER: Sie könnten das Schreiben kontrolliert haben?

Zeuge: Nein, ich habe versucht, das Telefonat zu verfolgen.

ASt: Wie ich das Telefonat geführt habe, haben Sie wirklich nicht mitbekommen, was der Herr Dr. Horcher gesagt hat?

Zeuge: Ich habe gewisse Antworten erschlossen, aber ich konnte sie nicht hören.

ASt: Ich habe einige Antworten des Herrn Dr. Horcher laut wiederholt, daß der Zeuge es mitbekommen hat.

ER: Wurden die Antworten laut wiederholt?

Zeuge: Das ist durchaus möglich, ich kann mich konkret daran nicht erinnern.

ER: Hat er es gesagt oder wissen Sie es nicht mehr?

Zeuge: Ich würde es als wahrscheinlich bezeichnen. Solche Wörter, wie Anzeige, hätte ich mir sicher gemerkt.

Festgestellt wird, daß gemäß § 75 StPO der AStV als Vertreter des Herrn Pilhar von der Verhandlung ausgeschlossen wird.

Schluß des Beweisverfahrens

ASt: beantragt wird schriftlich

AGV: bittet um Abweisung des Antrages

Der Einzelrichter verkündet das

Urteil

Samt den wesentlichen Entscheidungsgründen.

ASt: 3 Tage Bedenkzeit

Ende: 10.25 Uhr

ARCHIV - 1996
Ereignisse des Jahres Jan. - Dr. Fernandez Jan. - Olivia Pilhar: Schulbuch 07.02. - Olivia Pilhar: Medienprozeß, LG Wien Antrag 14.02. - Olivia Pilhar: Medienprozeß, LG Wien Beschluss 27.02. - Olivia Pilhar: Die Neue Kronen 01.03. - Olivia Pilhar: Orizzonti 18.03. - Olivia Pilhar: Profil, Hintergrund Bartenstein Apr. - Olivia Pilhar: Dr. Hamer, vorläufige Bilanz 09.04. - Olivia Pilhar: Medienprozeß, Klage 25.04. - Olivia Pilhar: Medienprozeß, Verhandlung 25.04. - Olivia Pilhar: Medienprozeß, Urteil 26.04. - Olivia Pilhar: Medienprozeß, Anmeldung Berufung 02.05. - Kanz, Gutachten Habilitation 23.05. - Olivia Pilhar: Dr. Hamer an Medien 03.06. - Angelo Amstutz: Kinderspital an Eltern 12.06. - Angelo Amstutz: Eltern an Kinderspital 05.07. - Olivia Pilhar: Medienprozeß, Berufung 12.07. - Hervé Gaymard an Jean Doncieu 14.08. - Olivia Pilhar: Urbanek an Bezirkshauptmannschaft 29.08. - Olivia Pilhar: Medienprozeß, Aufhebung der Entscheidung 14.09. - Presse: Welt am Sonntag Okt. - Dr. Hamer an Ludwig 09.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern 09.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Beschuldigter Helmut Pilhar 09.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Beschuldigte Erika Pilhar 09.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Zeuge Masicek 09.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Zeugin Veronika 09.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, SV Scheithauer 11.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern Fortsetzung 11.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Zeuge Zimper 11.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Zeuge Jürgenssen 11.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Zeuge Mann 11.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Zeuge Gadner 11.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Zeuge Leeb 11.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Zeuge Loibner 11.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Zeuge Stangl 11.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, SV Prosenz 11.10. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, SV Scheithauer 29.10. - Angelo Amstutz: Klippel an Eltern 31.10. - Angelo Amstutz: Dr. Hamer an Klippel 07.11. - Angelo Amstutz: Operationsbericht 11.11. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Hauptverhandlung 11.11. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Zeuge Vanura 11.11. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Zeugin Marcovich 11.11. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Zeugin Rozkydal 11.11. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, SV Scheithauer 11.11. - Olivia Pilhar: Strafprozeß gegen Eltern, Urteil 17.11. - Angelo Amstutz: Dr. Hamer an Klippel 20.11. - Angelo Amstutz: Dr. Hamer an Klippel 28.11. - Angelo Amstutz: Dr. Hamer an Stähler 03.12. - Angelo Amstutz: Todesbescheinigung 04.12. - Angelo Amstutz: Dr. Hamer an Engert 07.12. - Angelo Amstutz: Dr. Hamer an Stähler 25.12. - Angelo Amstutz: Eltern an Engert 27.12. - Angelo Amstutz: Engert an Eltern Dez. - Angelo Amstutz: Krankenhausakten Dez. - Angelo Amstutz: Operationskosten
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